Lebensretter der Ukraine

In der Heroiv-UPA-Straße in Lviv herrscht reges Treiben und der Krieg scheint in diesen Tagen weit weg zu sein. Seit fast einem Tag gibt es in der Stadt keinen Fliegeralarm mehr, und die Straßen sind voller Menschen. Einige von ihnen strömen zu einem in der Nähe gelegenen Spielplatz und zum Fitness-Parkour im kleinen Park Sportyvny Maydanchyk, die meisten von ihnen ohne zu wissen, dass die Zementblöcke um sie herum einen der effektivsten Lebensretter der Ukraine beherbergen. Die renovierten Gebäude beherbergen den Lviv Defense Cluster (LDC), den innovativsten ukrainischen Hersteller von ballistischen Westen zum Schutz des zivilen und militärischen Personals des Landes vor Angreifer*innen.

Die Büros könnten jedoch jedem Unternehmen gehören: Es gibt moderne Computer und offene Räume. Aber anstelle eines großen Besprechungsraums gibt es Säle, in denen kugelsichere Platten untergebracht sind, die LDC getestet hat – heißt, es wurde darauf geschossen. Die meisten der Platten haben den Test nicht bestanden, sie weisen unheimlich aussehende, gespenstische Löcher auf. Der Krieg gegen die Ukraine hat die Schleusen für gefälschte Schilde aus dem Fernen Osten oder von europäischen Betrüger*innen geöffnet, die auf fast jeder Online-Händlerplattform von Amazon bis Ali Express erhältlich sind. Vor allem russische Soldat*innen scheinen darauf hereinzufallen, denn viele dieser Blöcke werden von den ZSU (Streitkräften der Ukraine) abgerufen und von den Expert*innen in Lviv analysiert. In der Tat sind die von Online-Händler*innen angebotenen Panzerungen oft so nützlich wie Pappe.

„Luxemburg?! Na klar!“

Das Lëtzebuerger Journal wird in der Zentrale des Lviv Defense Clusters von Anton, einem der Kommunikationsspezialisten des LDC, begrüßt. „Ah, endlich jemand aus Luxemburg“, lächelt er, während er heißen Tee ausschenkt. Luxemburg hat sich in der Ukraine einen Namen gemacht. Das hat zunächst mit den beträchtlichen Beiträgen der luxemburgischen Regierung, des Verteidigungsministeriums und der Armee zu tun, die der ukrainischen Armee Humvees (High Mobility Multipurpose Wheeled Vehicle), Panzerabwehrkapazitäten und eine Menge logistischer Ausrüstung wie Zelte und Drohnen zur Verfügung stellen. Die ukrainischen Militärexpert*innen und Soldat*innen sind sich dieser Tatsache bewusst und danken stolz jedem*jeder Luxemburger*in, den*die sie in die Finger bekommen. Aber auch auf ziviler Seite ist die in Luxemburg ansässige NGO LUkraine ASBL in der Ukraine für ihre umfangreichen Solidaritätsaktionen bekannt: „Wir haben ihren Fahrern unsere Westen zur Verfügung gestellt und sie haben einige an die Front geliefert! Die gespendeten Krankenwagen aus Luxemburg sind jeweils mit ein paar unserer Westen ausgestattet“, erklärt Anton stolz.