Der Fall Zhang gegen Dieschburg hat in Luxemburg und weit über die Grenzen des Großherzogtums hinaus hohe Wellen geschlagen. Anfang Dezember fiel vor Gericht das Urteil: Der Student hat nicht kopiert, denn dem Foto, an dem er sich inspiriert hatte, mangele es an Originalität. Im Interview äußern sich Fotograf*innen zum Entscheid, der für viele unerwartet kam.
„Wir Fotografen sind jetzt fast wie Freiwild, mit dem man alles machen darf.“ Mit seinen Worten drückt Yves Kortum aus, was viele der nationalen und internationalen Fotografie-Szene gerade empfinden. Am 7. Dezember wurde vor Luxemburger Gericht ein Urteil gefällt zu einem Plagiatsfall, der bereits im Sommer ins Visier der Öffentlichkeit gerückt war und das Kunstmilieu seither polarisiert. Mittlerweile müsste „Plagiat“ eigentlich aus dem Wort gestrichen werden, denn laut dem Bezirksgericht der Stadt Luxemburg handelt es sich beim Ölgemälde „Turandot“ von Jeff Dieschburg, einem Dyptichon (zweiteiliges Gemälde, d. Red.), welches bei der elften Kunstbiennale in Strassen veröffentlicht und mit einem Preis ausgezeichnet wurde, nämlich eben nicht um eine Kopie der gleichaussehenden Fotografie der amerikanischen Fotografin Jingna Zhang.
„Sie beschreibt jedoch kein Element, das es dem Gericht ermöglichen würde, die persönliche schöpferische Leistung von Jingna Zhang zu erkennen, die der strittigen Fotografie eine ausreichende Originalität verleihen würde, um sie als ein durch das Gesetz von 2001 geschütztes fotografisches Werk zu qualifizieren“, heißt es im Urteil, das über das Urheberrecht des Bildinhaltes und seiner Komposition entscheiden sollte. Und weiter: „Jingna Zhang bleibt somit den Nachweis schuldig, inwiefern das strittige Foto ihre Persönlichkeit widerspiegelt, was jedoch eine notwendige Voraussetzung für den Schutz durch das Urheberrechtsgesetz von 2001 ist.“ Ausschlaggebendes Argument für den juristischen Entscheid, der Zhangs Anklage wegen Copyright-Verletzung zunichtemacht, ist die Originalität ihres Bildes, welches im Rahmen eines Modeshooting für die vietnamesische Zeitschrift Harper’s Bazaar 2017 entstand.
Unmut in der Fotografie-Szene
Die Pose des von Zhang fotografierten koreanischen Model Park Ji Hye ähnele zahlreichen anderen, bereits abgelichteten Posen, es gebe keine Präzision zur Entstehung der Fotografie und die nachgewiesenen Retuschen hätten „lediglich den Zweck, die allgemeinen Farben aufzuhellen, mit Lichtkontrasten zu spielen, die Hautstruktur des Models zu verfeinern, Unregelmäßigkeiten auszugleichen und Make-up hinzuzufügen“ – alles Nachbearbeitungen, die nicht Zeuge von Originalität seien, so zumindest steht es im Gerichtsurteil. Eine vernichtende Schlussfolgerung für einen Bereich der Bildenden Künste, der im digitalen Zeitalter und aufgrund der immer besser werdenden Technologie von Smartphones eh oftmals mit Vorurteilen zu kämpfen hat. Auch Maître Gaston Vogel, der Anwalt von Jeff Dieschburg, beschreibt die heutige (Mode-)Fotografie, wie sie bei großen Kampagnen üblich ist, als „auf den Knopf drücken“ – etwas, das er selbe auch hätte tun können.
Jingna Zhang habe „überhaupt keinen Beitrag“ zum finalen Foto geleistet, präzisiert der Anwalt im Interview mit apart TV, schließlich handele es sich um ein „Kollektivwerk“ von Modelagentur, Regieführendem, Frisörin, Make-up-Artist, Modeschöpfer und Fotografin und nicht etwa um ein Werk, dem Urheberrecht gebührt. Während Vogel mit seinen Ausführungen vor Gericht auf Zuspruch trifft und so im Dezember den Fall für seinen Mandanten gewinnt, herrscht bei den Fotograf*innen Luxemburgs Unmut über das Urteil. „Ich empfinde es als eine Beleidigung für jeden Fotografen, als würde man einem Filmregisseur vorwerfen, keinen Impakt auf den Film zu haben, da ja jemand anderes das Make-up gemacht hat“, äußert sich Patrick Hoffmann, Hobbyfotograf und Ratsmitglied des Luxemburger Street Photography Kollektivs, zum Gerichtsmanifest.
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