Nachdem die Regierung dem Konzept der Transitionshäuser für Ex-Häftlinge eine Abfuhr erteilte, kann das alternativ ausgearbeitete Programm vielleicht bald anlaufen. Skepsis begleitet das auf zwei Jahre angesetzte Pilotprojekt von Anfang an.
Auf das Ende November eröffnete Untersuchungsgefängnis Uerschterhaff ist Christian Richartz nicht sonderlich gut anzusprechen. Das hat verschiedene Gründe. Zum Beispiel der, dass der Präsident von eran, eraus…an elo? vom Wahrheitsgehalt des Spruchs „Plus on construit, plus on remplit“ überzeugt ist. In anderen Worten: Je mehr Gefängnisstrukturen gebaut werden, umso mehr Leute werden darin untergebracht. Oder auch weil sich Alternativen zur Haft in Luxemburg nur schwer durchzusetzen scheinen.
Es hat allerding auch damit zu tun, dass der Verein, der sich für Verbesserungen der Häftlingsbedingungen im Strafvollzug einsetzt, öfter mit Fällen zu tun hat, in denen Menschen von einem Tag auf den anderen aus der Haft entlassen werden. Meistens handelt es sich dabei um Untersuchungshäftlinge, die bis zu ihrem Gerichtsprozess vorläufig freikommen. Es kann auch vorkommen, dass Verurteilte aufgrund ihrer Zeit in U-Haft in Kombination mit einer „kurzen“ Haftstrafe binnen kurzer Zeit wieder auf freiem Fuß sind, ohne dass genügend Zeit für die Vorbereitung der Entlassung bleibt. Menschen, die aufgrund ihrer Zeit im Gefängnis Job und Wohnung verloren haben oder keine Gelegenheiten hatten, sich um das eine, noch um das andere zu kümmern.
Die Verbesserung des Übergangsmanagements vom Gefängnis zurück in die Gesellschaft ist eine Dauerbaustelle. Zwar sollte der Resozialisierungsgedanke im Mittelpunkt der Reform des Strafvollzugs von 2018 stehen, doch aus Sicht des Vereins sind die Fortschritte, etwa hinsichtlich der Entlohnung für im Gefängnis geleistete Arbeit, die Ausbildung oder auch das Besuchsrecht überschaubar. Wohl auch, weil, wie man immer wieder hört, Leute, die im Gefängnis sitzen, fast keine Lobby haben.
Ende Oktober 2021 stellten Justizministerin Sam Tanson (déi gréng) und Familien- und Integrationsministerin Corinne Cahen (DP) ein Transitionsprogramm für Ex-Häftlinge vor. Das Übergangsprogramm, das sich ausschließlich an Personen mit Aufenthaltsrecht in Luxemburg richtet, sollte Menschen in einer Notsituation über ein Drei-Stufen-Modell helfen: Verfügt eine aus dem Strafvollzug entlassene Person über keine Wohnlösung, kann sie für maximal sieben Tage in eine Notunterkunft wie das Centre Ulysse oder Abrisud unterkommen. Das soll auch für Personen gelten, die aus der Untersuchungshaft rauskommen – und bislang durchs Raster gefallen sind . Eine Begleitperson („agent de liaison“) soll sich neben den erforderlichen Behördengängen und Anfragen um eine mittelfristige Wohnlösung in einer Einrichtung von Vereinigungen kümmern, die über das Familienministerium konventioniert sind. Die Projektteilnehmer*innen können auch direkt von Schrassig oder Givenich aus in einer mittelfristigen Einrichtung oder dauerhafte Wohnung unterkommen. Allerdings soll der Weg zurück in die Autonomie spätestens nach sechs Monaten in einer mittelfristigen Unterkunft erfolgen. Die Ministerien für Justiz beziehungsweise Familie und Integration gehen davon aus, dass zwischen 50 und 80 Personen im Jahr die Teilnahmekriterien erfüllen. Das Pilotprojekt soll über zwei Jahre dauern – Bilanzierung und Anpassung wird also Aufgabe der nächsten Regierung sein.
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