Einst überall im Ösling verbreitet, gilt die Flussperlmuschel heute in Luxemburg als ausgestorben. Die Wiederansiedlung nachgezüchteter Tiere kann nur gelingen, wenn sich der Zustand der Our verbessert. Auf nationaler Ebene saubere Gewässer zu erreichen, wird noch mindestens zwei Jahrzehnte dauern.
Frankie Thielen greift eine Flussperlmuschel aus einem Aquarium und legt sie auf einen Kunststoffdeckel. Das drei Jahre alte Tier misst gerade mal einen halben Zentimeter. Ob ein solches Exemplar in ein paar Jahren im Oberlauf der Our überleben und selber Nachkommen in die Welt setzen könnte?
Diese Frage treibt den Biologen um. Im Keller der Kalborner Mühle im hohen Norden des Landes hebt er den Deckel eines großen Behälters an und verschreckt damit für einen Augenblick den kleinen Bachforellenschwarm, der darin seine Kreise zieht. Würde man diese Bachforellen untersuchen, würde man an ihren Kiemen ein paar Hundert Larven von Flussperlmuscheln ausfindig machen können. Jedes Jahr im August begeben sich belgische Kolleg*innen in die Flüsse des Nachbarlandes und suchen nach alten Tieren der Spezies. Mit einer Zange öffnen sie sie vorsichtig. Sind die Kiemen geschwollen, ist das ein Indiz dafür, dass das Tier dabei ist, Larven zu bilden. Die trächtigen Exemplare werden eingesammelt und in ein Aquarium gesetzt, bis sie ihre Larven abgeben.
Mit Fischen und ihren Parasiten kennt sich Thielen aus. Es war schließlich das Thema seiner Promotionsarbeit. Der Zufall hatte wohl seine Finger Spiel, als er 2007 bei der Stiftung natur&ëmwelt anfing. Denn sein erster Auftrag sollte es sein, eine Zuchtstation für Süßwassermuscheln aufzubauen, die einen Teil ihres Lebens als Parasit auf Fischen verbringen.
In der Zuchtstation funktioniert das so: Die Bachforellen werden für etwa 45 Minuten in einem Bottich mit niedrigem Wasserstand in Kontakt mit den Larven gebracht. „Die Larven sind darauf programmiert, sich beim Ausatmen auf den Kiemen der Fische festzubeißen.“ Einige Monate später beginnt für die Bachforellen der Frühling. Im Januar werden die Fische in ein anderes Gefäß verfrachtet, in dem die Wassertemperatur allmählich auf 16 bis 17 Grad Celsius steigt. Die sich mittels Metamorphose in Jungmuscheln verwandelten Larven setzen sich daraufhin von ihrem Wirt ab und werden in einem feinen Sieb aufgefangen.
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