Eine "exponentielle Steigerung" der Sozialunternehmen

Von Christian BlockLex Kleren

Die Sozialwirtschaft fristet heute noch ein Nischendasein. Für Daniel Tesch steht aber fest, dass sich das mit den kommenden Generationen ändern wird. Im Interview erklärt der Direktor der Union luxembourgeoise de l'économie sociale et solidaire (Uless) auch, warum seiner Meinung nach alle Unternehmen dazu verpflichtet werden sollten, ihre gesellschaftliche Wirkung zu dokumentieren.

Seit Mai 2020 ist Daniel Tesch Direktor des Sozial- und Solidarwirtschaftsverbands Uless. Im Juli 2013 gegründet, vertritt die "Mutter aller Sozialunternehmen (SIS)", wie der Jurist den Dachverband scherzhaft nennt, eigenen Angaben zufolge auf direkte und indirekte Weise die Interessen von mehr als 300 Akteuren der Sozial- und Solidarwirtschaft mit ungefähr 20.000 Beschäftigten. Die Uless selbst zählt aktuell 61 Mitglieder. Wir haben mit Daniel Tesch über mögliche Anpassungen am Modell der Sozialunternehmen gesprochen sowie den Ausblick auf das Potenzial der Sozial- und Solidarwirtschaft insgesamt.

Lëtzebuerger Journal: Wir befinden uns hier im Social Business Incubator, wo auch die Uless ihren Sitz hat. Ist dies der Ort, wo Leute hinkommen, die an einem Sozialunternehmen Interesse haben?

Daniel Tesch: Die Uless ist im Grunde eine Dachorganisation, aber wir sind auch eine Support-Organisation, das heißt, wir stimulieren den Zustrom an Leuten, der in unsere Richtung kommt, junge Unternehmer aus den Lyzeen oder Professionelle, die sich entschlossen haben, in die Impact Economy zu wechseln (im engeren Sinne eine wirtschaftliche Aktivität, die zusätzlich zu einem finanziellen Return gesellschaftliche oder umwelttechnische Veränderungen bewirkt, d. Red.). Das heißt, dass die Bewegung verschiedene Quellen hat, und wir versuchen das hier zu zentralisieren. Wir versuchen auch zu erreichen, dass die Gemeinschaft sich selber trägt und sie sich untereinander so vernetzt, dass sie sich gegenseitig helfen kann.

Eine SIS basiert auf einem Unternehmen, was also zunächst eher auf das angelsächsische Modell hinausläuft, gleichzeitig gibt es Einschränkungen. Ist die SIS ein Hybridmodell, das verschiedene Formen von Sozialwirtschaft ermöglicht oder einfach nichts Halbes und nichts Ganzes?

Um die Jahre 2013/2014 herum sind diese Überlegungen [für ein Gesetz] entstanden. Die Sozial- und Solidarwirtschaft war ja ein Staatssekretariat, das 2013 an das Ministerium für Arbeit und Beschäftigung unter der Leitung von Nicolas Schmit angegliedert wurde, der sich sehr für diese Sache eingesetzt hat. Paulette Lenert hatte den Text damals, das war noch unter Minister Romain Schneider, als Juristin mitbegleitet. Es war im Grunde ein Panel von Anwälten, das den Text ausgearbeitet hat. Leute aus großen Kanzleien, die das auf freiwilliger Basis gemacht haben, weil sie selbst in gemeinnützigen Vereinen engagiert waren. Solche, die eigentlich aus der kapitalistischen Bewegung kommen, aber, sagen wir, ein Herz haben.

Statt wieder Dividenden zu generieren, sollte eine gesellschaftliche Wirkung erzielt werden, ein Beitrag zum Gemeinwohl. Ich sehe darin schon ein Zeichen einer Generation und die nächste Generation ist noch viel stärker in diese Richtung unterwegs. Die Mannschaft, die dieses Gesetz verfasst hat, hat natürlich, weil sie viel mit Banken und Fonds gearbeitet hat, einen angelsächsischen Code gebraucht. Sie hatte aber auch ihren eigenen juristischen Background, der französisch und belgisch ist; hat also unser normales Recht vereinbart mit diesen Konzepten aus der angelsächsischen Wirtschaft. Es ist kein Hybrid, sondern eher eine Synthese all dieser Elemente. Die Beteiligten haben den Text bewusst so redigiert, dass es Gleichgewichte geben muss, und die sind meiner Ansicht nach in diesem Gesetz gegeben.

Im Jahr 2021 wurde das SIS-Modell bereits einmal gesetzlich angepasst. Sie haben aber angedeutet, dass noch andere Modifizierungen möglich sind?

Die 2021 erfolgte Anpassung hinsichtlich der externen Bilanzprüfung war ja eher eine Korrektur und jetzt kommt im Grunde eine Version, die all die kleinen Nachteile, die noch bestehen, ausräumen soll. Wir fragen zu diesem Zweck die Unternehmer selber, was sie machen würden, wenn sie etwas verbessern könnten. Es ist zum Beispiel heute ausgeschlossen, dass ein Gesellschafter seiner Firma Geld leihen kann, wenn diese Kapital benötigt.

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