Die Ex-Mülltaucherinnen

Von Misch Pautsch

"Dumpster diving" oder "containering" ist in Deutschland heiß diskutiert. Im letzten Moment retten dabei Menschen essbare Nahrungsmittel aus den Mülleimern von Supermärkten. Doch die illegalen Rettungsaktionen werden zumindest in Luxemburg immer seltener. Zwei Ex-Dumpster-Diverinnen reden über ihre Nacht- und Nebelaktionen kopfüber im Mülleimer, warum sie aufgehört haben – und Essenskultur.

Lëtzebuerger Journal: Ihr habt beide "containert", also noch essbares Essen aus Mülleimern von Supermärkten gefischt, um es zu verwenden. Wie kann man sich das vorstellen?

Annick: Also mir ist wirklich jedes Mal "de Wapp gaangen" (ich war nervös). Am Anfang waren wir immer in der Nacht unterwegs, was rückblickend so dumm war, weil man sofort wie ein Einbrecher aussieht. Tagsüber würde sich niemand etwas denken. Das haben wir dann auch später so gemacht, nach Ladenschluss. Der Laden, in dem wir gedumpstert haben, hatte seinen Mülleimer öffentlich zugänglich stehen. Wir hatten also unsere Greifzangen dabei, um auch an die Sachen unten im Eimer zu kommen– schließlich wollten wir nicht ganz hineinklettern.

Elina: Der Müll stapelt sich wie geologische Schichten, die sich über die Woche bilden, ganz oben liegen die frischen Sachen, unten die ekelhaften.

Angenehm klingt das trotz eurer geologischen Vorgehensweise nicht?

Annick: Ja, jeder Mülleimer hat den gleichen, süßlichen Duft. Und wenn du danach nach Hause gefahren bist, hat dein ganzes Auto und die Wohnung nach Mülleimer gerochen. Darum habe ich immer alles sofort in Essig gelegt und gewaschen. Aber die Sachen die ganz oben liegen, also gerade erst weggeschmissen wurden, waren ja die ganze Zeit noch gekühlt. Wir haben nur mitgenommen, was wir auch selbst essen würden. Die Sachen, die ganz unten liegen, will man sowieso nicht.

Elina: Bei den ersten Malen haben wir natürlich immer die Handschuhe vergessen … ohne sie ist es so ekelhaft. Und es ist generell ziemlich unangenehm, sich in die Eimer hineinzulehnen, da kann einem sehr schnell schon mal wirklich übel werden. Das Essen selbst ist trotzdem wirklich gut, vor allem weil es auch sehr oft mehrfach verpackt ist.

Annick: Und ich hatte schon das Gefühl, dass die Mitarbeiter in den Geschäften wussten, was wir tun und uns manchmal sozusagen kleine Geschenke gemacht haben. Wir haben öfter den Eimer aufgemacht, und ganz oben lagen Kuchen, frisch und in perfektem Zustand. Die wurden nicht einfach hineingeschmissen. Es gab auch eine Überwachungskamera in der Ecke, aber wir haben trotzdem nie Schwierigkeiten bekommen.

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