Rettungsversuch für Riesling und Co.

Von Christian BlockLex Kleren

Haben Riesling und Co. unter den Auswirkungen des Klimawandels noch eine Zukunft in Luxemburg? Über die Folgen des Klimawandels, mögliche Konkurrenz im Norden Europas, Green-Washing sowie das Potenzial von Bio-Weinbau in Luxemburg hat sich das Journal mit dem IBLA-Berater Dr. Jörg Pauly im Vorfeld des diesjährigen Wäibaudag kommende Woche unterhalten.

Dr. Jörg Pauly ist seit knapp drei Jahren Berater für Weinbau am Institut für biologische Landwirtschaft und Agrarökologie Luxemburg (IBLA). Der Anfang-60-jährige hatte in seinem Leben immer wieder mit Bioweinbau zu tun, sei es als Bio-Kontrolleur oder als selbstständiger Bio-Winzer. So betreibt er seit Mitte der 90er auf der deutschen Moselseite ein Weingut und hat eigenen Angaben nach "fast gleichzeitig" mit dem ältesten Luxemburger Biobetrieb auf Bio umgestellt, das war 2001. Der Agronom ist in diesem Jahr einer der Gastredner beim alljährlichen Wäibau-Dag am 5. Februar, der Weiterbildungsveranstaltung schlechthin für die gesamte Branche.

Lëtzebuerger Journal: Herr Pauly, welche klimatische Veränderungen haben Sie in einem Vierteljahrhundert als Winzer selbst erlebt?

Jörg Pauly: Die Qualität der Trauben, der erhöhte Zuckergehalt, die frühere Reife und der frühere Austrieb, höhere Wachstumsgeschwindigkeiten: All diese Parameter, die das vegetative als auch generative Wachstum der Trauben oder der Rebe beschreiben, haben sich verändert. Wir haben zum Beispiel jetzt im Schnitt etwa 1,0 bis 1,3 Volumenprozent mehr Alkohol in unseren Weinen auf natürlichem Wege, weil die Trauben einfach mehr Zucker einlagern. Am Anfang war das ein freudiges Ereignis, weil wir, egal ob auf luxemburgischer oder deutscher Seite, auch im nördlichen Anbaugebiet Mosel kräftige, trockene Weine herstellen konnten.

Irgendwann haben wir aber festgestellt, dass die besseren Wachstumsbedingungen auch mit Nachteilen verbunden sein können. Denn gerade diese Cool Climate-Sorten, mit dem Riesling an oberster Stelle, benötigen für eine optimale Mineralstoffeinlagerung und Aromabildung eine lange und langsame Reifeperiode.

Übergeordnetes Thema Ihres Vortrages werden klimatische Veränderungen im Allgemeinen und die Auswirkungen auf den Weinbau im Besonderen sein. Mit welchen Entwicklungen rechnen Sie?

Die Entwicklungen, die man in den letzten Jahren erleben konnte, werden sich wahrscheinlich noch verstärken. Wir haben höhere Durchschnittstemperaturen, eine Verschiebung der Niederschläge, bei annähernd gleichem Niveau, ins Winterhalbjahr, und wir haben wesentlich mehr Globalstrahlung, also die Anzahl der Stunden, an denen die Sonne scheint. Das bedingt, zusammen mit den höheren Temperaturen, eine höhere Verdunstung. Die bewegt sich im Bereich von 100 bis 200 Liter pro Quadratmeter und Jahr. Und das ist letztendlich das Wasser, was uns fehlt. Die Trockenheit ist also nicht bedingt durch Niederschlagsarmut. Es besteht zudem die Gefahr, dass der frühere Austrieb der Reben den Spätfrösten zum Opfer fällt, die Ende April bzw. Anfang Mai auftreten können. Diese schmerzliche Erfahrung mussten im April 2024 die Winzer im Raum Grevenmacher/Mertert und an der Sauer machen.

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